Asset Management beim Congress of Road Infrastructure Management (KZID) in Warschau - Teil 1/2

Dr. Sławomir Heller ist Vorsitzender der Arbeitsgruppe D.1.2 Dissemination and Education des Technical Committee Asset Management des Welt-Straßenverbands PIARC und Mitgründer der Infrastructure Asset Management Academy (INFRAMA). In seinem Interview spricht er darüber, warum Asset Management die Zukunft des Straßenmanagements ist und was wir von dem bevorstehenden Congress of Road Infrastructure Management (KZID) in Warschau erwarten dürfen.

Dr. Sławomir Heller

Sie sind einer der führenden Experten im Asset Management und haben es sich zur Aufgabe gemacht, diese Disziplin zu verbreiten. Was genau verbirgt sich hinter dem Begriff Asset Management?

Asset Management ist eine faszinierende moderne Management-Disziplin, die erst Anfang dieses Jahrhunderts entwickelt wurde. Sie unterstützt den Manager und sein Team dabei, den größtmöglichen Nutzen aus den verfügbaren Assets, d. h. vor allem aus den technischen Anlagen zu ziehen. Der Fokus lag dabei von Anfang an auf der technischen Infrastruktur, wie der Transportinfrastruktur, Wasser- und Abwasserinfrastruktur oder der Infrastruktur zur Energieerzeugung und -übertragung. Nach der Veröffentlichung der ISO-Norm 55000 Asset Management im Jahr 2014 erhöhte sich die Aufmerksamkeit seitens der Straßenbauverwaltungen vieler Länder noch einmal erheblich.  

Es gibt jedoch ein weit verbreitetes Missverständnis, mit dem ich gerne aufräumen würde: Der Gegenstand des Asset Managements sind nicht die Assets, sondern die jeweilige Organisation mit ihrem einmaligen Kontext, die diese Assets verwaltet. Darin liegt die Stärke des Asset Managements. Die Stärke, aber auch die Verpflichtung, die technischen Aspekte stets mit den organisatorischen zu verbinden. Asset Management hilft also einer Organisation, die technischen Assets so zu managen, dass die Ziele ihrer Stakeholder erreicht werden. Dabei wird immer der gesamte Lebenszyklus eines Assets und das gesamte Portfolio aller Assets betrachtet. Und das unter Berücksichtigung der relevanten Risiken.

Die Standards dieser Disziplin stammen vorrangig aus angelsächsischen Ländern. Eignen sich diese denn auch für andere Länder wie Deutschland oder Polen?

Natürlich ist es möglich, oder sogar erforderlich, die Asset-Management-Standards auch in Deutschland und Polen zu implementieren. Die Autoren der internationalen ISO-Normen 55000 haben berücksichtigt, dass sich die Verwalter der Straßeninfrastruktur und die Umgebungen, in denen sie agieren, weltweit unterscheiden. Die Verwaltung von polnischen Nationalstraßen ist anders als die Erhaltung eines deutschen Autobahnabschnitts durch einen Konzessionsnehmer. Und die Straßenbauverwaltungen in Australien oder Neuseeland, die auf dem Gebiet des Asset Managements zweifelsfrei führend sind, sind mit anderen Herausforderungen konfrontiert als ihre Kollegen in Bolivien. Trotzdem sind die Standards universell und entsprechend dem individuellen Maturity-Level  der Organisation skalierbar.

Worin besteht Ihre Rolle bei PIARC und wie wirken Sie bei der Verbreitung des Asset Managements mit?

PIARC ist der mit Abstand größte Straßenverband der Welt mit einer über 110-jährigen Geschichte und Mitgliedern aus mehr als 120 Ländern. Ich freue mich sehr, dass Deutschland mich, einen Polen, als seinen Vertreter in das Technical Committee Asset Management delegiert hat. Es ist mir auch eine große Ehre, zum Vorsitzenden der Arbeitsgruppe Dissemination and Education innerhalb dieses Komitees gewählt worden zu sein. Meine Aufgabe ist es, die Arbeit von Asset-Management-Spezialisten von fünf Kontinenten zu koordinieren.

In Neuseeland oder Australien ist das moderne Asset Management in technischen und betriebswirtschaftlichen Bereichen bereits weit verbreitet. In Mitteleuropa sind wir noch nicht so weit. Um den Anschluss nicht zu verlieren und unsere Straßeninfrastruktur entsprechend der hohen Anforderungen und Ambitionen der Gesellschaft und Wirtschaft zu managen, müssen wir unbedingt den Fokus auf Asset Management legen. Das setzt jedoch voraus, dass alle Verantwortlichen wissen, was Asset Management überhaupt ist. Wir müssen also weiterhin über diese Disziplin sprechen und sie verbreiten. Aus diesem Grund haben wir auch die Infrastructure Asset Management Academy (INFRAMA) gegründet und veranstalten vom 4. bis 5. Dezember 2019 den Congress of Road Infrastructure Management (KZID) in Warschau, der ausschließlich dem Asset- und Infrastrukturmanagement gewidmet ist.

Das war der erste Teil des Interviews mit Dr. Sławomir Heller. Morgen folgt Teil 2 mit weiteren Details zum bevorstehenden Congress of Road Infrastructure Management (KZID) in Warschau.